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Zum Thema Lehrerinnen-Mord durch einen Schüler in Meißen:
Nur der Schmerz lässt sich nicht wegwischen

Ein Jahr nach dem Mord in Meißen - Ein Klassenbesuch


Im Franziskaneum in Meißen gibt es seit zehn Monaten ein ungeschriebenes Gesetz: 
Wer während des Unterrichts ein Klassenzimmer betreten möchte - weil er jemanden 
sucht, etwas holen oder bringen will -, der klopft an, aber nicht zu laut- 
wartet einen Moment, aber nicht zu lang und betritt dann vorsichtig den Raum. 
Trotzdem bleibt mir jedes Mal fast das Herz stehen, wenn die Tür aufgeht", 
sagt Daniela. Und Luisa erzählt, wie sie ihrer Banknachbarin Alexandra "vor 
Angst fast den Oberschenkel zerquetscht" hätte, als vier Wochen nach dem 9. 
November 1999 die Türklinke in Raum 111 von außen runtergedrückt wurde, die Tür 
langsam aufging, aber erst mal keiner reinkam. Auch ihre Lehrerin sei drei 
Schritte zurückgewichen. Es war alles ganz harmlos, nur eine andere Lehrerin, 
die irgendetwas fragen wollte. Doch in diesem Moment waren die Bilder im Kopf 
wieder da: Wie an diesem ganz normalen Dienstag in der Klasse 9/1 in der zweiten 
Stunde plötzlich die Tür aufgerissen wird; wie eine schwarz angezogene, 
vermummte Gestalt hereingestürmt kommt - Andreas, ein Mitschüler, wie sich 
später herausstellen wird-; wie die Geschichtslehrerin Frau Leuteritz noch sagt: 
"Was soll das denn jetzt?"; wie der Vermummte ohne ein Wort mit zwei großen 
Messern auf sie einsticht - 22 Stiche werden die Gerichtsmediziner zählen -; wie 
das Blut meterweit bis an die Tafel spritzt; wie sie alle nach hinten stolpern, 
rechts auf die Fensterseite; so weit wie möglich weg von dem Gemetzel; wie ihnen 
der Gedanke durch den Kopf schießt: "Wenn der auf mich zukommt, springe ich aus 
dem Fenster"; wie der Vermummte aus dem Zimmer rennt, die Tür offen stehen 
lässt; wie die blutüberströmte Frau Leuteritz auf den Gang torkelt; wie Luisa 
immer wieder schreit: "Macht doch was"; wie Jennifer zurückschreit: "Bist du 
jetzt ruhig - wenn der zurückkommt..."; wie Victor und Berit nach draußen 
laufen, um Hilfe zu holen. Nur zwei, drei Minuten hat das alles gedauert. Aber 
es hat alles verändert hier am Franziskaneum in Meißen, hier in der Klasse 9/1.

"Verpackt den Mond, zertrümmert die Sonne, fegt weg den Wald 
und des Meeres Flut / Nie wird es sein, so wie es war / Nie wieder gut" 
(Dezemberausgabe der Schülerzeitung ZON)

Zehn Monate später, draußen vor der Schule: eine Sonne, die sich gegen den 
Sommer, aber noch nicht ganz für den Herbst entschieden hat. Auf einem Feld 
gegenüber färben sich die Weintrauben blau. In den Gärten blühen die letzten 
Rosen. Die Äpfel müssen bald gepflückt werden. Das Jugendstilhaus ein paar Meter 
weiter wird gerade renoviert. Eine schwarze Katze drückt sich am Zaun entlang. 
Drinnen: wieder die zweite Stunde. Sie beginnt am Franziskaneum um 7.55 Uhr. Es 
ist so warm, dass man die Fenster aufmachen kann. Man sieht Bäume, sogar den 
Meißener Dom. Auf dem Stundenplan steht Physik bei Frau Vogt. Thema:"Kenngrößen 
von mechanischen Schwingungen". An der rechten Wand ein selbst gebasteltes 
Poster mit der Überschrift "Natur- und Geisteswissenschaftler". An der Decke 
Neonröhren, eine summt vor sich hin. Die Schüler stehen auf, sagen "Guten 
Morgen". 

Frau Vogt hat eine kleine blaue Vase dabei mit einer gelben Gerbera. 
Ein Mädchen in der letzten Reihe hat heute 16. Geburtstag. Sie wird rot und 
lächelt, als Frau Vogt die Blume vor sie hinstellt und die anderen sich 
umdrehen. Der Unterricht beginnt. Frau Vogt wiederholt den Stoff der letzten 
Stunde. Erklärt, was eine Amplitude ist und die Periodendauer einer Schwingung. 
Lässt einen Jungen mitstoppen, wie lange das Pendel ihrer Versuchsanordnung 
braucht, um einmal hin- und herzuschwingen. Lässt einen anderen Jungen in einen 
Lautsprecher summen und zeigt die Kurve auf dem Oszillographen. Jessica schiebt 
ihr Stirnband ein wenig nach oben, legt beim Mitschreiben ihr Kinn aufs Heft. 
Alexandra schreibt ein Briefchen an ein Mädchen drei Stühle weiter links. Victor 
lässt sich von Luisa Tipp-Ex zuwerfen. Daniela regt sich auf, weil ein Junge das 
Briefchen nicht weitergibt. 

Eine ganz normale Physikstunde in einer ganz 
normalen Klasse? Luisa sagt, vor kurzem habe eine Zeitung geschrieben, die 
Lehrer hätten noch mit dem Mord zu kämpfen, für uns Schüler sei wieder Alltag 
eingekehrt. Wie können die das wissen?" Daniela meint, dass sie sich an der 
Schule eigentlich sicher fühle, aber nachts in der dunklen Stadt manchmal 
Panikanfälle bekomme. Jennifer erzählt, ihre Mutter finde, sie sei viel ruhiger 
geworden, nachdenklicher. "Keine Ahnung, ob das damit zusammenhängt." Und sagt 
dann: "Aber ich freue mich so, dass ich lebe, jede Sekunde freue ich mich 
darüber; einfach, dass ich lebe.

"Man kann nicht darüber hinwegkommen, man kann nur versuchen, damit zu leben.

Wer so etwas erlebt hat wie die zwanzig Schüler der ehemaligen Klasse 9/1, der 
gilt als traumatisiert. "Und dann muss man erst wieder lernen, dass ein 
Brotmesser ein Brotmesser ist und kein Mordinstrument. Das kann dauern", sagt 
Herr Pieper, der Psychologe, der die Schule seit dem Mord betreut. Etwa ein 
Drittel von den Schülern der 9/1 ist "schwer betroffen", der Rest mittel oder 
leicht. Es sind genauso viele Jungs wie Mädchen, auch wenn die Jungs inzwischen 
wieder "auf cool machen", wie Luisa sagt, und eigentlich am liebsten gar nicht 
mehr drüber reden wollen. Eingestuft wurden sie mit Hilfe eines Fragebogens. "Da 
wurde man gefragt, ob man Albträume hat, an Schlaflosigkeit leidet", zählt Berit 
auf, "ob immer wieder diese Bilder vor dem inneren Auge auftauchen..." 

"Flashbacks sind das", wirft Luisa ein, die anderen nicken, sie kennen sich 
inzwischen aus mit psychologischen Fachbegriffen aus der Traumatherapie. "Ob man 
Kopfschmerzen hat oder Angstzustände..." macht Berit weiter, "und erinnert ihr euch 
noch an Frage 18?" Die anderen kichern. "Da musste man ankreuzen, ob man an 
Verstopfung leidet. Und man wurde gefragt, ob der sexuelle Bereich betroffen 
ist. "Was habt ihr da angekreuzt?". Sie kichern wieder und gucken gleich darauf 
ein wenig unsicher und erschrocken. Man sieht es ihnen an, was sie denken: Darf 
man kichern, wenn man von etwas erzählt, was mit dem Mord zusammenhängt? Berit 
spricht schnell weiter: ja, all so was halt." 

Nicht nur die Schüler sind traumatisiert, auch viele Lehrer, die mit Frau 
Leuteritz befreundet waren; die Lehrer, die sie sterben sahen, die sich bis 
heute Vorwürfe machen, weil keiner daran gedacht hat, sie auf eine Decke zu 
betten: Frau Leuteritz ist auf dem kalten Steinfußboden neben einer Säule 
verblutet; der Schulleiter Herr Liesch, der auf dem Gang vergeblich versucht 
hat, irgendwie das Blut daran zu hindem, aus der offenen Halsschlagader zu 
spritzen; der Hausmeister, der all das Blut wegwischen musste und dem seitdem 
die rosafarbene Schmiere nicht mehr aus dem Kopf geht, die sich bildete, nachdem 
er zum ersten Mal drübergewischt hatte; oder die Klassenlehrerin der 9/1, Frau 
Vogt: Sie war mit einer anderen Klasse im Nebenraum, als es passierte, öffnete 
die Tür, um nachzusehen, was der Lärm bedeuten soll. "Da stand Frau Leuteritz, 
blutend. Ich habe die Tür zitternd wieder zugemacht, mich hingesetzt und dann, 
glaube ich, zu der Klasse gesagt: 'Frau Leuteritz ist etwas ganz Schlimmes 
passiert.'" Bis heute sei es ganz schwierig für sie, Verwandten und Freunden zu 
erklären, warum sie nicht sofort rausgelaufen sei, geholfen, irgendetwas getan 
habe, auch wenn es nichts genutzt hätte. 

So ähnlich geht es auch Victor. Er, der größer ist als die meisten 
Lehrer, durchtrainiert und breitschultrig, fragt sich immer wieder: "Warum bin 
ich nicht hingelaufen und habe es verhindert, irgendwie?" Gleich beim ersten 
Gespräch mit dem Psychologen hat er ihn nach zwei Minuten zum Armdrücken 
herausgefordert - und gewonnen. "Kräfteverhältnisse klarstellen", antwortet 
Victor knapp, wenn man ihn fragt, warum er das gemacht hat. Zeigen, dass er kein 
Schwächling ist, obwohl er genauso versteinerte wie alle anderen, als "es" 
passierte. 

Herr Pieper hat ihnen genau erklärt, dass kein Mensch fähig gewesen 
wäre, anders zu reagieren. Dass so eine Schockreaktion völlig normal ist. Er hat 
ihnen auch genau erklärt, was ein Trauma ist: Das Schreckliche läuft immer 
wieder vor dem inneren Auge ab, man findet keine Möglichkeit, es zu vergessen 
oder zu verdrängen, keine Erklärung dafür, warum es passiert ist, warum man sich 
verhalten hat, wie man sich eben verhalten hat. Das Gehirn dreht sich im Kreis. 
Und er hat ihnen auch gesagt, dass zu einem Trauma ein "negatives Selbstbild" 
gehört, dass man also Schuldgefühle hat, weil man es nicht verhindern konnte 
oder es nicht einmal versucht hat. Sie wissen, dass Herr Pieper sich mit 
Traumata auskennt, er hat die Überlebenden des Zugunglücks bei Eschede betreut, 
auch Opfer der Flugzeugkatastrophe in Ramstein. "Aber wenn immer wieder Leute 
auf einen einreden, dass man hätte helfen müssen, dann glaubt man irgendwann 
daran. Und denkt immer wieder darüber nach, ob die nicht doch recht haben", sagt 
Jennifer. 
"Aber wer nicht dabei war, der kann sich das einfach nicht vorstellen", sagt Belinda.

"Ich stehe neben mir und alles läuft wie ein Film vor mir ab. / 
Unfassbarkeit, Bestürzung, Trauer... WUT!/Warum?"

Das Franziskaneum in Meißen: kein gesichtsloser Neubau. Über neunzig Jahre alt, 
Mosaike über den Eingängen, verwinkelte Flure, hohe Räume, meterhohe 
Buntglasfenster wie in einer Kirche, Gänge mit Steinböden, von 
Schülergenerationen zerschrammtes, honigfarbenes Parkett in' den Klassenzimmern. 
Nicht umgeben von trostlosen Plattenbauten, sondern: Idylle. Man begriff sich 
als heile Welt. Ein Schüler, der seine Lehrerin ersticht, und das nicht im 
Affekt, sondern offensichtlich geplant - das scheint nicht hierher zu passen. 
Immer wieder wurde nach der Tat in Zeitungen und im Fernsehen auf diesen 
Widerspruch hingewiesen. Betonten Experten, wie untypisch es  sei, dass gerade 
an einem Gymnasium, noch dazu einem solchen, dass gerade in einer relativ 
kleinen Stadt, noch dazu in diesem Schmuckkästchen, so etwas passieren kann. 
Tausend Antworten hat man in den Medien dazu gefunden: Liebeskummer, 
Schwierigkeiten mit den, Eltern, falsche Freunde, Gewaltvideospiele, Drogen, 
eine allzu strenge Lehrerin, Leistungsdruck, autoritäres Erziehungssystem, 
Sekte, Gruftie. Viele stimmen nicht, keine kann etwas  erklären. "Ich glaube 
nicht an heile Welten", sagt Psychologe, Pieper dazu nur. 

Die Klasse mag über  Andreas nicht mehr sprechen. Alles, was sie dazu zu sagen 
hatte, stand in der Schülerzeitung: "Wenn ich an ihn denke, sehe ich ihn immer 
noch mit seiner Freundin vorm Chemiezimmer, im Freibad, als er uns Mädchen aus 
Spaß ins Wasser gestoßen hat, in den Mittagspausen, als wir zusammensaßen und 
uns gegenseitig aufzogen, Er regte sich ziemlich schnell auf, wenn wir Witze 
über ihn machten, nahm sich Kritik sehr zu Herzen - wahrscheinlich mehr als wir 
glaubten. Er hatte viele Kumpels, Freunde - er war bei Gott nicht unbeliebt. 
Andreas war in keiner Sekte, er war kein Gruftie, nahm keine Drogen und war 
auch, bestimmt kein brutaler Schläger Er rauchte und soff sich ab und zu mal 
einen an... wie viele andere tun das auch?! Er war - nach außen hin - ein ganz 
normaler 15jähriger: lustig, ehrgeizig, sportlich - liebte Fußball und hatte 
schon Schulrekorde aufgestellt. Er war ein mittelmäßiger aber fleißiger Schüler, 
hatte in anderen Fächern größere Schwierigkeiten als in Geschichte (...) Er war 
aber auch einer, der oft schon davon redete, sich selber aus dem Weg zu räumen - 
aber wer sah hin, hörte zu und glaubte ihm? Es war falsch und tut uns  leid - 
heute (...) 

Ich sitze jetzt hier und versuche, etwas gerade zu rücken, über das ziemlich 
viel Mist erzählt worden ist. Ich kann Andreas nicht... hassen, da sind zwei 
Bilder, die nicht übereinander passen ( .. ) Ich bin wütend,  weil er sein Leben 
so verpfuscht hat, aber ich will auch, dass er bestraft wird, er soll diese zehn 
Jahre sitzen. Denn das, was er gemacht hat, ist niemals wieder gut zu machen - 
nie wieder" Und zwei Zentimeter darunter, verschämt am Ende des Textes, steht 
dann noch dieser Satz: " Wir werden dich vermissen. Wenn ein Klassenkamerad, ein 
Kumpel, ein Freund, jemand, mit dem man groß geworden ist, zum Mörder wird, muss 
man ihn dann hassen? Was ist, wenn man das einfach nicht kann? Auch wenn es alle 
von einem erwarten? Wenn man ihn sogar vermisst obwohl er so ein schreckliches 
Verbrechen begangen hat? 

Victor steckt in diesem Dilemma, Andreas war einer seiner besten Freunde. Und 
nicht nur ihm geht es so. Auch deshalb wollen die Schuldgefühle nicht aufhören. 
Und dann sind da natürlich noch all die Gerüchte um die Wetten. Seit dem Mordtag 
kursieren sie, seit irgendein Schüler aus irgendeiner anderen Klasse irgendeinem 
der unzähligen Fernsehteams bei laufender Kamera davon erzählt hat. Es heißt, 
Andreas habe die Tat vorher angekündigt, habe um Geld gewettet, dass er sich 
trauen würde. Es heißt, er habe sogar die Messer herumgezeigt. Aber keiner hat 
ihm geglaubt. Ein Erklärungsversuch von Psychologe Pieper: "Ich denke, jeder von 
uns hat als Schüler gesagt oder zumindest gedacht: Diesem oder jenem Lehrer 
würde ich am liebsten den Hals umdrehen. Vielleicht hat darauf sogar jemand 
erwidert: Wetten, dass du dich nicht traust? Ich denke, viel mehr steckt auch 
hier nicht dahinter" 

Doch solche Erklärungsversuche nutzen wenig" das Misstrauen gegenüber der Klasse 
bleibt, meist unterdrückt, manchmal ganz offen. Zum Beispiel in der 
"Steuerungsgruppe": Diesen bürokratisch klingenden Namen haben sie am 
Franziskaneum der Gruppe gegeben, die alle paar Monate zusammenkommt, um die 
Fortschritte der Maßnahmen zu diskutieren, die man nach "dem Ereignis" treffen 
wollte. In der Gruppe sitzen Luisa und Jennifer, die beiden 
Klassen-sprecherinnen, ein paar Lehrerinnen, der Schulleiter, Herr Pieper, ein 
Elternvertreter und Leute vom Kultusministerium. Sie sitzen nicht in irgendeinem 
Klassenzimmer, sondern in Raum 111. Im neuen Raum 111, er wurde frisch 
gestrichen, in zwei Beigetönen, an den Fenstern hängen neue Vorhänge, blau mit 
gelb und rot. Zimmerpflanzen, Nostalgie-Werbeplakate, eine Landkarte mit Goethes 
Italienreise. Es gibt eine Tagesordnung, ein Maßnahmenpapier voller "ung"-Wörter 
All das macht es leichter, über das Schreckliche zu reden. Man spricht über die 
gelungene "Erholung der Zahl der Stammlehrer", tauscht Meinungen über Herrn 
Piepers psychologische Betreuung aus, spricht darüber, was man für die 
Hinterbliebenen des Opfers - eine blinde Mutter, einen todkranken Vater, einen 
19-jährigen Sohn - getan hat und überlegt" wie man ihnen in Zukunft helfen kann. 

Die Lehrer wünschen Beratung zum Thema "Versicherungsschutz". Doch plötzlich 
dreht sich das Gespräch um die Wetten, darum wer überhaupt etwas und wenn wie 
viel gewusst hat. Die Pressemitteilung des Justizministeriums nach dem Urteil - 
Andreas wurde zum Entsetzen vieler an der Schule nicht zur Höchststrafe von zehn 
Jahren, sondern zu siebeneinhalb Jahren verurteilt - wird angesprochen, in der 
es heißt, dass Andreas auch durch die Wetten zu der Tat "getrieben worden" sei. 
Die Lehrer fordern mehr Offenheit, wollen, dass die Schüler, die etwas gewusst 
haben und es nicht ernst genommen haben, endlich dazu stehen. Eine Lehrerin 
sagt, sie wolle zumindest erfahren, wie viele es denn gewusst hätten. Eine 
andere meint, dass man dann endlich einen Schlussstrich ziehen könne und ganz 
neu anfangen. "Wir wissen es nicht", sagt Luisa, "und wir wollen es auch nicht 
wissen. Es wird bei uns nicht darüber geredet. 

Wir stehen das jetzt als Klasse gemeinsam durch." Hinterher erzählt sie, dass 
sie diese Diskussion schon oft hatten. "Wir verstehen die Lehrer ja, aber sie 
verstehen uns nicht. Wir wollen es selbst nicht wissen. Wenn da Namen bekannt 
würden, die hätten doch keine Ruhe mehr. Die wären doch wie am Pranger" Und 
Jennifer fügt hinzu: "Wir wünschen uns einfach, dass wir nicht entweder wie 
Verbrecher behandelt werden oder so, als wären wir ganz, ganz zerbrechlich. 
Sondern endlich wieder normal"

"Trauer / Blasse Gesichter / Tiefe Ringe unter den Augen / Leicht 
angeschwollen sind sie / Und feucht / Gefühle / die nicht zu verbergen sind / 
die uns verbinden / näher bringen / Kraft geben / Das Gefühl des anderen 
verstehen / 
weil man es selbst spürt.


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